Gestrandet in Frankfurt

Schön ist es hier nicht. Aber hoch.

Da heute sowieso nur Fußball das Thema ist (sein kann?), fasse ich mich kurz. Heute war ein anstrengender Tag. Ich stand um halb fünf Uhr auf, um den Zug nach Frankfurt zu erwischen. Die etwa dreieinhalb Stunden im Zug verschlief ich komplett. Unsere Reisebuchung war so freundlich, mir einen Sitzplatz gaaaaanz hinten im Zug zu buchen, dass man sogar ins Fahrerhäuschen gucken konnte. Davon machte ich wenig Gebrauch, weil ich, nun ja, schlief. Es waren zwei Meetings anberaumt, von denen eines entfallen musste, weil ich so clever war, genau zur selben Zeit ein Training einzuplanen.

Ich erzählte etwas zur Selbstvermarktung online, wie man sich in Social Networks bewegen sollte, wenn man diese beruflich nutzt, und wie man Menschen anschreibt. Gerade wenn der Job darin besteht, viele Kontakte zu knüpfen, vergisst man schnell, dass hinter einem Profil ein Mensch steckt. Ein Mensch, der Protagonist/in ist seinem/ihrem eigenen Leben, und der/die seinen/ihren eigenen Zweck hat.
Das Training war meinem Empfinden nach für beide Seiten hilfreich, wobei ich manchmal vor mir selbst die Augen verdrehen musste - den Inhalt habe ich schon zum Erbrechen häufig behandelt, aber nur weil es für mich nichts Neues ist, muss das nicht für die Teilnehmenden gelten. Jedenfalls: Es wurde eine so lebhafte Diskussion aus dem Training, dass wir doppelt so lange brauchten, als ich veranschlagt hatte.

Der Rest des Tages bestand aus E-Mails und Anrufen - Bürojob eben. Auf dem Weg ins Hotel sah ich eine Menge Deutschlandfans, selbst Vuvuzelas konnte ich vernehmen - für mich das Zeichen, zu verschwinden.

Den heutigen Abend werde ich mit Sitcoms ausklingen lassen. Morgen gibts weitere Meetings und dann hat mich München wieder. Wie ich mich freue.

Zum vorgestrigen Eintrag wird noch eine längere Replik folgen. Mein Rant soll nicht so stehen bleiben.

Warum ich keinen weißen Ritter in schimmernder Rüstung brauche

In Kürze: Das junge Format von Zeit Online, Ze.TT, hat einen Artikel veröffentlicht, in dem ein Bio-Deutscher über asiatische Klischees und Alltagsrassismus gegen AsiatInnen berichtet. Ich finde das nicht in Ordnung, weil man auch direkt die Betroffenen zu Wort hätte kommen lassen können.



Heldengeschichten gehen immer gleich: Meistens zieht ein meist junger Typ aus in die Welt und rettet die Herzensdame, sein Universum und wird ein Stück weiser. Das passiert in Science Fiction, in Fantasy, in hoher und niederer Literatur, in Webcomics und im TV. Der weiße Ritter in schimmernder Rüstung kommt angeritten, rettet ganz heteronormativ die Dame und darf sich moralisch überlegen fühlen, während die Dame ihn anhimmelt und die übrigen Herren anerkennend nicken.

So oder so ähnlich muss man sich meinen Gedankengang vorstellen, als ich diesen Artikel von Ze.TT in meiner Timeline sah. Da schwingt sich der Autor zum Ehrenretter aller asiatischstämmigen Menschen auf, weil seine Freundin vietnamesisch-deutsch ist. Er, der wortwörtliche weiße Ritter, eilt herbei, um den Bio-Deutschen zu sagen, dass Asiatinnen keine Sexpuppen sind und Asiaten keine effeminierten Nerds.

Sehr schön ist natürlich die Überschrift, die schön die latent vorhandenen Rassismen von hypersexualisierten, willigen Asiatinnen und schwachen Asiaten überhaupt erst unters biodeutsche Volk bringt. Aber die sind ohnehin so verbreitet, dass sogar asiatische Frauen glauben, asiatische Männer wären aufgrund der Anatomie nicht interessant als Sexpartner. Was nicht stimmt, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Mal abgesehen davon, dass diese Penisfixierung ungesund und ein falsches Bild von erfüllender (haha) Sexualität gibt.

Versteht mich nicht falsch: MitstreiterInnen zu haben, die sich für andere Erfahrungen öffnen und mit einem Missstände angehen sind eine gute Sache. Mir geht es aber gegen den Strich, wenn wieder mal nur über die Betroffenen gesprochen wird, sie aber nicht selbst sprechen (dürfen). Und nein, mir reicht es nicht, dass Kien Nghi Ha zitiert wird.

Gerade wenn ein persönlicherer Blickwinkel gewählt wird, es sich um einen subjektiven Bericht handelt und nicht um einen journalistischen Report, sollte man doch jemanden anfragen, der Erfahrung aus erster Hand hat. Anstatt auf einen Bio-Deutschen zurückzugreifen, der sich auf die Schulter klopfen darf, wie offen und aufgeschlossen (im Afroamerikanischen nennt man das "woke") ist, will ich dazu etwas sagen. Ich brauche keinen weißen Ritter in schimmernder Rüstung, der kann hingehen, wo er hingehört: ins Reich der Mythen und Epen.

You tell 'em, Margaret.

Ich mein: DUDE, I'M RIGHT HERE! Eine Asiatisch-Deutsche mit einer starken Meinung, selbstbestimmt und frei, die sich seit Jahren (!!) mit dem Thema beschäftigt und nicht auf die asiatischstämmige Freundin zu verweisen braucht, um als legitim zu gelten. Ich muss mir den Schuh nicht erst anziehen, weil die Haut, in der ich lebe, unverkennbar asiatisch ist. Ich will für mich selbst sprechen und brauche bei Gott keinen weißen Ritter gegen Rassismus, der sich meiner erbarmt, weil ich den Mund nicht aufbekomme.

Zumal der Herr übersieht, dass man nicht als attraktiv gesehen wird, nur weil man Asiatin ist. Wer nicht auch noch dünn, klein und lieb ist, landet schnell auf dem Abstellgleis. Mal abgesehen davon, dass es neben denen mit AsiatInnen-Fetisch auch ganz klar Leute gibt, die sagen "auf AsiatInnen steh ich nicht". Diesen Zwiespalt, den Verlust von Selbstwertgefühl, kann ein weißer Ritter nicht nachvollziehen. Und auf Mitleidsalmosen kann ich verzichten.

Ihr merkt, ich bin frustriert - wofür mache ich diesen ganzen Mist, wenn doch nur ein weißer Typ darüber berichten darf, wie man über "uns" denkt, wenn es genügend Betroffene gibt, die gerne lang und breit darüber erzählen möchten oder es bereits tun? Ich melde mich freiwillig.


Aber ich vergaß: Es kann erst wahr sein, wenn ein weißer, heterosexueller Mann es gesagt hat und ihm ganz viele weiße, vornehmlich heterosexuelle Männer zustimmen. Meine Meinung wurde ja schon diskreditiert, als ich mit den falschen Weichteilen zwischen den Beinen geboren wurde.

Nochmal: Ich melde mich freiwillig. Habe es früher getan, werde es weiterhin tun. Damit eine extrem genervte, durchschnittlich große, besser gepolsterte Asiatin da draußen steht.

Richtigstellung: Der Autor Florian Prokop, hat mir mitgeteilt, dass er nicht heterosexuell ist. Ich habe das im Text angepasst.

Wanderlust.

Wanderlust - ist ein schöner romantischer Begriff für Fernweh. Wanderlust, die Lust, auszugehen und die Welt zu entdecken. Neues zu sehen und zu erleben.

Take me away from here.

Auf dem Nachhauseweg nahm ich einen Weg direkt an den Gleisen. Ich wollte den Verkehr der Hauptstraße vermeiden. Es war ein langer Tag gewesen, mit Meetings und vielen Anfragen, die es zu bearbeiten galt. Der kleine Weg war fast leer, nur zwei Teens filmten sich beim Longboardfahren. Sicherlich würde das Ergebnis auf Facebook oder YouTube zu sehen sein.


Ich ließ die beiden Youngsters hinter mir und radelte weiter. Nach wenigen Metern sah ich sie: eine geparkte, vielleicht ausrangierte, transkontinentale Eisenbahn. Sie hatte dieses alte Flair von Abenteuer auf Schienen, vom noblen, luxuriösen Reisen. Damen mit Hüten und Bedienungen im weißen, gestärkten Hemd. Zumindest meinte ich das.

Was hätte ich dafür gegeben, wenn mir ein freundlicher Schaffner zugewinkt und mich eingeladen hätte, einzusteigen. Nach Beijing zu fahren oder nach Danzig. Ans Ende von Europa im Westen oder im Norden. Ich wäre sofort mitgefahren. Wir wissen, dass das ein Wunschtraum ist - es gibt keine freundlichen Schaffner.

Oh wie schön war Tsumago.

Mir fehlt das Reisen, dieses "Geh aus, mein Herz, und suche Freud, in dieser schönen Sommerzeit"-Gefühl. Natürlich ist es ein luxuriöser Gedanke - vor 100 Jahren gingen nur die Superreichen und Privilegierten ins Land, wo die Zitronen blühen, während der arme Rest auf dem Feld oder in Fabriken malochen musste.

Dennoch - die Freiheit habe ich, dass ich sentimentalen Wünschen nach örtlicher Veränderung auf Zeit nachhängen kann. Der Luxus früherer Tage - nie war er erreichbarer. Mal abgesehen davon, dass ich im Vergleich zum Großteil der Weltbevölkerung unermesslich reich bin. *Geldscheineumsichwerf*

Ich will wieder weg. Nur wohin?

Angesichts des diesjährigen deutschen Sommers, der ganz nach Napoleon ein "grün gestrichener Winter" ist, mag ich irgendwohin, wo es stabil warm und sonnig ist. Wo man jeden Tag in Shorts rumrennen kann, vielleicht an einem großen Gewässer. Die Möglichkeit einer Insel.

Oh, was hab ich Wanderlust, lieber Blog. Mich zieht es in südlichere Gefilde. Ich muss aufbrechen. Bald.