5 Dinge, die ich dieses Jahr gelernt habe
Das Kalenderjahr ist ein seltsames System: Es ist in zwölf Monate aufgeteilt, die völlig grundlos unterschiedlich lang sind, an unterschiedlichsten Wochentagen beginnen und außer dem Lauf der Erde um die Sonne keiner stringenten Logik folgen. Im Jahr 1902 erfand der Brite Moses B. Cotsworth deshalb ein neues Kalendersystem. Er war ein Mann der Vernunft und durch und durch ein Pragmatiker, weshalb sein Kalender aus 13 gleich langen Monaten bestand. Jeder Monat hatte in seinem Modell 28 Tage, zwischen Juni und Juli schob er den 13. Monat Sol. bei 13 Monaten macht das aber nur 364 Tage. Wo kam also der Tag hin, um das normale Jahr voll zu machen? Zwischen die Jahre, als Feiertag, dem sogenannten "Year Day". Der Year Day sollte keinem Jahr angehören, sondern wortwörtlich zwischen den Jahren liegen. (Wer mehr über andere Kalenderideen erfahren möchte, dem empfehle ich die Folge "The Calendar" im Podcast 99 % Invisible. Darin geht es auch um Kodak, das jahrzehntelang eine Abwandlung von Cotsworths Kalender verwendete.)
Ich mag das Konzept des 13-monatigen, uniformen Kalenders aufgrund dieses Year Day. Dass in diesem Modell jeden Monat ein Freitag der 13. ist - egal. Schon als Kind hatte ich mir gewünscht, dass zwischen Silvester und Neujahr eine Pause liegen sollte, um sich auf das neue Kapitel vorzubereiten, Rückschau und Ausschau halten zu können. Da ich aber keinen Year Day bekomme, muss ich den Rückblick auf den 31. Dezember verlegen.
Es war ein einigermaßen turbulentes Jahr für mich, spannend, interessant und abwechslungsreich im wahrsten Sinne des Wortes. Deshalb zum Abschluss: 5 Dinge, die ich dieses Jahr gelernt habe.
1. Arbeit kann Spaß machen
In meinem Leben habe ich doch schon einige Jobs und Arbeitgeber durch. Alle waren sie lehrreich, manche waren spannend, manche eher weniger. Anfang dieses Jahres landete ich in einem Unternehmen, wo mir meine Arbeit tatsächlich Spaß macht. Es ist für mich die ideale Mischung aus Teamwork, Unabhängigkeit, Kreativität und Herausforderung. Ich mag es, KollegInnen zu haben, selbst wenn sie ganz anders sind als ich - viele sind sehr extrovertiert, extrem gesellig. Es gab Zeiten, an denen ich mich vor Montagen fürchtete. Die Zeiten sind erst einmal vorbei.
2. Glück ist das, was man an einem gewöhnlichen Mittwochnachmittag empfindet
Machen wir uns nichts vor: Im Leben wollen wir vor allem glücklich sein. Tolle Arbeit, großartige Freunde, euphorische Liebesbeziehung, Ruhm und Reichtum. Jeder Tag sollte am besten wie Geburtstag sein. Tatsächlich aber besteht das Leben viel häufiger aus grauen Mittwochnachmittagen, an denen man in einer Excel-Tabelle feststeckt und nicht einmal die Energie hat, sich die Fingernägel einfarbig zu lackieren. Aber wisst ihr was? Das ist OK. Es lebt sich wesentlich entspannter, wenn man eben nicht jeden Tag so lebt, als wäre er der letzte. Wer riesige Erwartungen an das eigene Leben schürt, kann nur enttäuscht sein. Ich muss keinen Pulitzer-Preis gewinnen, kein Mensch muss meinen Namen kennen und Liebesbeziehungen müssen keinen Rausch auslösen.
3. Beziehungen sind schwierig
Damit wären wir beim Thema Liebe und Liebesbeziehungen. Das Jahr war zum großen Teil in dieser Beziehung (haha) hervorragend, bis dem eben nicht mehr so war. Aber zumindest weiß ich inzwischen, dass ich bereit bin, mich selbst in Beziehungen einzubringen, ich selbst zu sein und auch den anderen so zu lassen wie er ist. Das Problem liegt wirklich darin, zwei Menschen dahin zu bringen, gemeinsam in eine Richtung zu laufen. In unserer individualistisch geprägten Kultur ein schwieriges Unterfangen. Beide müssen es wollen und sobald eine/r nicht mehr will, ist es vorbei. Da kann man noch so sehr an sich gearbeitet haben. Zumindest habe ich etwas daraus gelernt und irgendwann kommt wieder die Zeit, wo ich wieder da rausgehe, Leute kennenlerne und es wieder versuche. Ob ich noch einmal darüber hier schreibe? Nur wenn das ausdrücklich gewünscht ist ;)
4. Konsum kann Spaß machen
2014 habe ich vor allem damit verbracht, mein Geld zusammenzuhalten und sparsam zu leben. Sagen wir, dass es gewisse Sachzwänge gab. Ich habe keine Klamotten und kaum Nagellacke gekauft, war so gut wie nie essen, war nicht im Urlaub und verbrachte die meiste Zeit zu Hause. 2015 habe ich umso mehr das Geld mit vollen Händen ausgegeben und wisst ihr was? Es war toll. Ausreichend Geld zu haben beruhigt die Nerven. Minimalismus ist OK, aber manchmal tut es gut, großzügig sein zu können - zu sich selbst und zu anderen. Es macht nämlich schon einen riesigen Unterschied ob man reduziert lebt, weil man will oder weil man muss. Der/die gewöhnliche Hartz4-EmpfängerIn wird das Einkaufen bei der Tafel kaum als Lifestyle ansehen. Es ist sicherlich eine Tugend, asketisch zu leben, zumal es auch besser für unseren Planeten ist. Aber es ist genauso eine Tugend, den/die innere/n EpikuräerIn rauslassen zu können. Oder, um es mit der Mystikerin Theresia von Avila zu sagen: "Fasten ist Fasten und Rebhuhn ist Rebhuhn."
5. Was andere denken ist nicht egal
Ich bin hervorragend darin, andere Leute zu ignorieren. Wobei ignorieren das falsche Wort ist, das impliziert Vorsatz. Oft genug sind andere Menschen für mich wie Steine. Ich nehme sie zwar als Objekte wahr, aber sie haben für mich keinerlei Bedeutung oder Auswirkung. Diese Sichtweise ist an sich nicht verkehrt, sie kann sehr nervenschonend sein, weil man sich so nicht beirren lässt. Schwierig wird es aber im zwischenmenschlichen Kontakt. Was, wenn die andere Person signalisiert, dass sie extrem sauer ist? Was, wenn ich das überhaupt nicht merke? So stoße ich Menschen vor den Kopf ohne es zu wollen.
Mir fiel schon früher auf, dass ich schlecht darin bin, andere Menschen zu lesen, schob das aber auf meine generelle "social awkwardness". In dieser Hinsicht scheine ich eine Art Farbenblindheit zu haben. Heißt: Ich brauche die Holzhammermethode um zu verstehen, was andere empfinden. Heißt aber auch: Ich muss mich mehr bemühen, damit ich Signale nicht verpasse. Möglicherweise habe ich in der gescheiterten Beziehung genau diesen Fehler gemacht - aber wer weiß das schon im Nachhinein.
Das war 2015. Es hatte Hochs, es hatte Tiefs, es hatte Mittelmäßiges. Ich wünsche euch allen ein gutes neues Jahr 2016. Mal sehen, was sonst noch so alles passiert - persönlich und auf der Welt.
Vielen Dank an euch alle, die ihr mir über Jahre die Treue haltet und für all eure lieben Wünsche und ermutigenden Worte in den letzten Wochen - es hat mir viel gegeben und mich sehr gerührt. Ihr seid die besten!
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