Und wieder eine Woche vorbei - das ging ruckzuck. Irgendwo im SZ-Magazin habe ich mal gelesen: "Ab einem bestimmten Alter ist alle drei Monate Weihnachten." Ich bin noch gar nicht auf sommerliche Tage mit lange Sonnenschein eingestellt. Der Mai anscheinend auch nicht - es goss aus Kübeln das gesamte Wochenende.
1. Hotel Anna
Am Dienstagabend mit einer ehemaligen Kollegin getroffen - wir haben beide in derselben PR-Agentur gearbeitet und auch wenn wir viel gelernt haben in dieser Zeit, wir sind doch ganz froh, jetzt dort zu sein, wo wir sind. Die Ex-Kollegin (nennen wir sie P.) hat vor kurzem ihre Doktorarbeit nach langen Jahren Doktorandin-Dasein endlich fertiggestellt und die Verteidigung überstanden. Das Thema ist durchaus spannend: Die ersten Studentinnen an Münchner Universitäten aus historischer Sicht. Wir waren im Hotel Anna gegenüber vom Mathäser, das Münchner Schick verströmt, aber nicht unangenehm ist (ich fühle mich als Arbeiterkind recht schnell irgendwo "falsch"): Alles sehr "wir-lassen-geschmackvoll-den -Feierabend-ausklingen"-mäßig, aber nett. Der Service zumindest war makellos. Von P. ein Kompliment bekommen, dass mir Office-Look hervorragend stehe. Ich sähe nicht verkleidet aus.
2. Selbstgemachte Tasche
Von der Nähmaschine hatte ich schon erzählt: Von meiner Mutter habe ich ihr altes Gerät in Pflege genommen, inklusive Garantieschein und Quittung von vor 20 Jahren: Damals kostete sie ganze 299 Mark bei Quelle. Und sie funktioniert noch. Ich hasse es ja, mir neue Geräte anschaffen zu müssen. Egal ob Smartphone, Computer oder Haushaltsgeräte: Fast alles hatte ich von Geschwistern oder Eltern geerbt, die sich neues anschafften, während die alten Sachen noch einwandfrei waren. Ok, mein Fairphone bezahlte ich selbst, ebenso meinen Laptop. Aber prinzipiell sehe ich keinen Vorteil darin, mir Neues zu kaufen, wenn ältere Geräte ungenutzt im Keller verstauben.
Doch ich schweife ab: Den Feiertag nutzte ich, um mein erstes Nähprojekt in Angriff zu nehmen: eine Wendetasche. Dank eines gut gemachten Videotutorials (was würde ich ohne YouTube tun?) gelang die Tasche beim ersten Versuch. Nächstes Mal versuche ich mich an einem etwas dickeren Stoff in Blau. Es ist ein herrliches Gefühl, etwas mit den eigenen Händen hergestellt zu haben. Der Mensch braucht so etwas vermutlich, um Kopf und Körper zusammenzubringen.
3. Funktionales WG-Leben
Dieser Artikel auf jetzt.de beschäftigte mich mehr, als er hätte sollen: Hier geht es um ein neues Wohnkonzept aus (na klar) Berlin, bei der Menschen in einer WG leben. Doch anders als im üblichen Modell der Wohngemeinschaft gibt es keine eigenen Zimmer für die BewohnerInnen, sondern nur noch "Funktionszimmer": Geschlafen wird in einem Zimmer, gegessen und gewohnt im nächsten, gekocht im übernächsten. Ein Privatzimmer gibt es als Rückzugsraum, das im Text plakativ als "Sexzimmer" betitelt wurde.
Nun können Leute wohnen, wie sie wollen, wenn ein solches Modell funktioniert, gut für sie. Doch für mich klang dieses Konzept wie die WG aus der Hölle: Diese WG scheint darauf ausgelegt zu sein, Privatheit nur noch zweckgebunden (etwa für Sex) zu erlauben. Etwas Übergriffigeres kann ich mir kaum vorstellen. Ich liebe meine Privatheit, brauche meinen eigenen Raum, um mich ausbreiten zu können. Das sage ich als jemand, die jahrzehntelang mit Schwesterherz ein Zimmer geteilt hat. Vermutlich stört mich diese Kollektiv-WG, weil sie mir scheint wie eine Ausgeburt weißer, mittelschichtiger Weltverbesserungswut, die nur aus Selbstkasteiung und Askese besteht. Ich empfinde es beinahe als zynisch, dieses Leben als neuen Lifestyle zu verkaufen, während andere Leute gar keine andere Wahl haben, als so zu leben. Ähnlich sehe ich den Minimalismus-Trend: Ich mag die Idee des Downsizing und Downgrading, aber diese Einstellung muss man sich leisten können: Menschen, die so aufgewachsen sind, dass sie immer alles hatten, haben mehr "innere Ressourcen" - die brechen nicht in Panik aus, wenn sie nur drei Pullis und fünf Unterhosen haben. Andere, die Mangel erlebt haben, spüren schnell, wie bedrohlich "Nicht-haben" ist.
4. Ausgehen in Obersendling
Das Wochenende verbrachte ich mit dem Gefährten (ja, der ist neu in meinem Leben, Details folgen noch). Lustig, dort wo er wohnt, arbeitete ich früher einmal (wie auch Kollegin P.). Der Weg von mir aus war also selbsterklärend. Wenn man irgendwo in der Nähe abends essen gehen will, gibt es nicht viel - außer griechischen Lokalen in unterschiedlicher Qualität. Der nächste war nur zehn Gehminuten entfernt. Ich war schon lange nicht mehr bei einem klassischen griechischen Restaurant in Deutschland, und hatte dementsprechend vergessen, welche Fleischberge dort serviert werden. Es war in Ordnung, die Kellner waren nett und bemüht, aber als Souvenir roch ich danach wie eine Garküche. Den Gefährten störte es nicht, mich umso mehr, weshalb ich gefühlt eine halbe Flasche Summer by Kenzo auf mir versprühte. Garküche an einer Blumenwiese, mmmhhh...
5. Ikea - the bane of my existence
Viele Leute werden es nicht glauben, aber in meinem Leben habe ich erst einmal einen Ikea betreten. Damals in Norwegen war das die einzige Möglichkeit, günstig an Möbel zu kommen (Norwegen = teuer). Außerdem gab es den superpraktischen Shuttle-Bus, der direkt vom Wohnheim zum Ikea-Center fuhr. Diesen Luxus habe ich in München nicht. Anstatt also meine kostbare Freizeit in einem überdimensionierten Möbelhaus zu verbringen, kaufte ich meine Gartenmöbel online (ihr erinnert euch an meine Balkongarten-Pläne). Um 7 samstags erhielt ich den Anruf vom Speditionstypen. Der sprach leider so schlecht Deutsch, dass ich zwei Minuten erst einmal gar nichts verstand. Ich war wortwörtlich noch am Schlafen. Um 8 Uhr früh dann die Lieferung. Ich war nach wie vor komplett schlaftrunken, als ich die Lieferung annahm, weshalb mir entging, dass sie nicht ganz vollständig war. Erst nachdem ich den Lieferschein unterschrieben hatte, fiel mir auf, dass zwei Packungen der Holzfliesen fehlten. Ich rief schnell den Speditionstypen an und erklärte, was das Problem war. "Service anrufen" war die lapidare Antwort. Großartig. Ich kämpfte mich tapfer durch das Menü in der Telefonschleife (merke: nicht zu monoton sprechen, sonst funktioniert die Spracherkennung nicht). Dann endlich einen Menschen erwischt. Eine Berlinerin oder Hallenserin, die sogleich eine Nachlieferung veranlasste. Und nebenbei bemerkte, dass sie mit ihrer Freundin die selben Holzfliesen für die gemeinsame Wohnung kaufen müsse. Ich freute mich, dass sie das ganz selbstverständlich sagte. Jetzt heißt es warten. Aber der Balkon wird schon gut - ein konstanter Work-in-progress.
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