Die Vielfalt der Menschen - Fotostrecke

Ich habe inzwischen viel aus meinem Studium vergessen, vor allem aus der germanistischen Mittelalterliteraturwissenschaft (Mediävistik genannt). Jedoch erinnere ich mich an eine Passage im Parzival, einem berühmen Epos, wo der Held desselben Namens seinem Halbbruder Feirefiz begegnet. Parzival und Feirefiz haben denselben Vater, Gahmuret, ein europäischer (also weißer) Ritter. Feirefiz' Mutter Belacane aber stammt aus dem "Orient" (was immer das vor 800 Jahren bedeutet haben mag) und ist schwarz. Da Feirefiz also gemischter Herkunft war, musste er in der mittelalterlichen Vorstellung eine schwarz-weiß gescheckte Haut haben.

via

Was Vererbungslehre, Genetik und die Vielfalt menschlicher Farben und Formen anbelangt, hat unser Wissen seit den Zeiten, als Wolfram von Eschenbach sein Epos schrieb, erheblich zugenommen. Wir wissen, dass Rasse viel stärker eine soziale denn eine biologische Kategorisierung darstellt und dass die verschiedenen Hautfarben, Augen-, Haar- und Nasenarten eine Anpassung an die Umwelt und/oder ein Ergebnis sexueller Auslese waren. Aber erst in den letzten Jahrzehnten beginnen sich die verschiedenen Gruppen tatsächlich stärker zu vermischen. Durch Migrationsbewegungen sind die geographischen Einschränkungen hinfällig. Am deutlichsten zeigen sich die Zeichen dieser globalen Zeitenwende im klassischen Einwanderungsland USA.

Der Fotograf Martin Schoeller hat Portraits von Menschen angefertigt, die in den USA wohl als "mixed race" bezeichnet werden würden. Sie zeigen Personen, die sich nicht so leicht in eine Herkunftsschublade wie schwarz, weiß, gelb, rot oder braun schieben lassen - am ehesten lassen sie sich als "bunt" bezeichnen. Die Bilder stellen zumindest bei mir Kategorisierungsversuche auf den Kopf, was äußerst erfrischend ist.

via


via

via

Über die Anfänge einer Gesellschaft, die das Konzept Rasse allmählich hinter sich lässt, schreibt Lisa Funderberg im National Geographic-Artikel "The Changing Face of America", die verwendeten Bilder entstammen aus der dazugehörigen Bildergalerie, wo sich die Bandbreite menschlicher Physiognomie und die Vielfalt zeigt.

Oktoberfest - kleine Szene über antisexistische Courage

Es ist Samstag, erster Tag der Wiesn. Naekubi liegt träge zu Hause auf der Couch und guckt fern, schon seit Stunden. Kurz nach 18 Uhr stürmt Storebror nach Hause, schnappt sich die Fernbedienung und knipst Sky an - es ist Bundesligazeit und die Bayern spielen.

bei einem Lebkuchenwettessen wäre ich sofort dabei, einfach des Essens wegen.


Naekubi (dreht sich schwerfällig wie ein Walross auf der Couch): Wo warst du jetzt?

Storebror: Arbeiten, was sonst?

Naekubi: Ich dachte, du wärst auf der Wiesn?

Storebror: Nein, warum sollte ich?

Naekubi: Hattet ihr nicht einen Drehauftrag von einer großen Boulevardzeitung?

Storebror: Haben wir abgesagt.

Naekubi (erstaunt): Wieso denn?

Storebror (ist kurz in der Küche verschwunden und kehrt mit einem Erdbeer-Cornetto zurück): Also. Am Anfang war die Idee noch charmant, wir sollten Wettbewerbe filmen wie Lebkuchenherz-Wettessen usw. Aber dann wurde es immer extremer. (setzt sich und schält das Cornetto aus seiner Verpackung) Die wollten Brüste in Schokolade tunken.

Naekubi (ziemlich angeekelt): Oh.

Storebror widmet sich dem Fußballspiel und seinem Erdbeer-Cornetto. Naekubi guckt anerkennend, ja ein wenig stolz ihren großen Bruder an: Ihm und seinen Kollegen sind persönliche Integrität und Niveau wichtiger als schnöder Mammon. Derweil schießt Bayern das erste Tor.

Storebror: JAAA!!

Naekubis Nails Edition 006

Wer Gitarre spielen will, muss Opfer bringen. Drum säble seine Fingernägel ab, wer eine gute Gitarristin werden will...


Aber nur links. Rechts ist es ziemlich praktisch, wenn die Nägel etwas länger bleiben - so hat man fünf vorzügliche Plektren immer dabei. Durch die Lackierung werden sie so stabil, dass sie auch eine Runde Geschrammel ohne weiteres überstehen.


Bei den Bildern habe ich ein wenig mit Gimp herumgespielt - mit ein paar Tipps von @AliceLion habe ich versucht, sowohl Licht als auch Kontrast und Fokus etwas nachzujustieren. Ich finde das Ergebnis noch nicht ganz zufriedenstellend - zuerst müsste ich vielleicht versuchen, schon während des Fotoschießens richtig den Fokus zu setzen. Ich muss noch experimentieren, wie ich das Fotografieren alleine mit Selbstauslöser und einem 30 Jahre alten Stativ so hinbekomme, dass ansprechende Bilder herauskommen.


Die Lichtfrage wird sich mit Beginn der dunklen Jahreszeit leider eher noch verschlechtern, was ich zu entschuldigen bitte.


Übrigens stammt das Design auf meinen Nägeln von einem Youtube-Video, über das ich gestolpert bin, habe mich allerdings für andere Farben entschieden. Ein bisschen eigene Kreativität muss schon sein.

Die Kinderfrage

Wenn Schwesterherz und ich auf Tanten und andere weibliche Verwandte treffen, kommen häufig die Fragen zur Familienplanung. Gerne bekommen wir auch ungefragt Verkupplungsversuche, schlecht getarnt als Besuchseinladungen: "Besucht uns doch mal! Vielleicht trefft ihr auch XY, der ist der Sohn/Neffe/Bekannte von Z, soundso alt, guter Job und auch noch Single!" - das alles begleitet mit vielsagendem Augenbrauenhochziehen. Meistens würdigen wir solche Angebote nicht einmal mit einer Antwort.

Manchmal bekommt auch meine Mutter diese Vorschläge und Ideen mitgeteilt, damit Schwesterherz und ich endlich mal "bemannt" werden. Sie wiegelt dann immer ab mit den Worten: "Das entscheiden die beiden schon selbst." Ich bin ihr jedes Mal dankbar, wenn sie sagt, dass sie nicht darauf besteht, Großmutter zu werden. Vermutlich hat das damit zu tun, dass sie selbst schon mit knapp 18 Jahren geheiratet hat und bald darauf ihr erstes Kind bekam. Aber man beeilt sich gerne damit, um nicht zum unfreiwilligen Arbeitsdienst für das Vaterland eingezogen zu werden...*

ich cruise allein durchs Leben.

Während ich mit Ende Zwanzig noch nicht einmal eine feste Beziehung vorweisen kann, war meine Mutter mit Anfang dreißig mit Kinderkriegen schon längst durch. Die Weltgeschichte hat ihr nicht immer gut mitgespielt, um es diplomatisch auszudrücken - sie hat ihren Kindern deshalb immer etwas besseres gewünscht: Mehr Reisen, mehr Bildung, mehr Freiheit - auch von elterlichen Pflichten. Das genoss und genieße ich nach wie vor.

Als ich am Wochenende wieder bei meinen Eltern war (meinem Vater geht es wieder gut, danke der besorgten Nachfragen seitens der LeserInnenschaft) kamen wir wieder am Frühstückstisch auf die Kinderfrage zu sprechen. Ich sagte zu meiner Mutter: "Ich bin schon Ende Zwanzig, vielleicht wird das auch gar nichts mehr mit Kindern bei mir - allein funkioniert das ja nicht." (Und wirklich wollen tu ich auch nicht.) Meine Mutter erwiderte darauf:
"Wenn wir in Vietnam wären und es darum ginge, das vietnamesische Volk aufrecht zu erhalten, wäre es wichtig, dass ihr Kinder bekommt. Aber wir sind ja hier in Deutschland und werden immer AusländerInnen sein - mit unseren schwarzen glatten Haaren, der kurzen Nase, der gelben Haut. Vielleicht gehören eure Nachfahren in sieben oder acht Generationen zu den Deutschen. Und wenn ihr bei den Deutschen einheiratet, vielleicht sogar schon in drei bis vier Generationen."
Als ob es unser Schicksal wäre, niemals dazuzugehören. Ich sprach mit Schwesterherz über die Angelegenheit - grundsätzlich teilt sie meine Einstellung zur Kinderfrage: Immer mit der Ruhe. Schließlich gibt es auch überhaupt keinen Grund, heute Kinder zu bekommen. Das letzte Mal als ich nachgeguckt habe, war die Menschheit keine vom Aussterben bedrohte Spezies. Und die Frauen heutzutage haben tatsächlich dank besserem Wissen und besserer medizinischer Versorgung die Freiheit, die Kinderfrage für sich mit Nein zu beantworten.

Eine Sache schickte mir Schwesterherz im Auftrag meiner Mutter noch auf den Weg:
"Mutter meint, dass es vielleicht besser wäre, wenn du keine Familie gründest. Du bist einfach zu kompliziert." 
Danke Mama. Ich hab dich auch lieb.


*Die unglaublich abenteuerliche Geschichte meiner Eltern erzähle ich vielleicht ein anderes Mal.

Rösler und das TAZ-Interview. Spekulationen über Motive

In ihrem Blog schreibt die TAZ, dass sie versucht haben, mit Philipp Rösler von der FDP ein Interview zu führen. In einer Serie befragt die Zeitung verschiedene Spitzenpolitiker zu bestimmten Themen - bei Rösler war das Thema "Hass". Ausgerechnet.

Natürlich ist es für die JournalistInnen mehr als ärgerlich, dass in einer Interview-Serie einer der Interviewten ausschert und seine Zitate nicht freigibt. Aber es verwundert mich auch nicht. Da Herr Rösler und ich einen ähnlichen ethnischen Hintergrund haben (wir beide haben vietnamesische Wurzeln, aber das ist auch schon alles), kann ich einige Mutmaßungen anstellen, warum das Interview für die TAZ nicht so lief wie geplant. Es handelt sich um Spekulationen meinerseits, natürlich. Aber vielleicht können sie doch für den/die eine/n oder andere/n erhellend sein.

Hass. Ausgerechnet.

Ich bin mir sicher, dass Herr Rösler mit Hass oder auch nur Argwohn gegen ihn in seiner Kindheit und Jugendzeit in der niedersächsischen Einöde bestens vertraut war. Das wird in der FDP so weitergegangen sein. Noch stärker als in der freien Wirtschaft heißt es in der Politik: Bück dich hoch! Ich möchte mir nicht ausmalen, welche rassistischen, verletzenden Beleidigungen und Aussagen Rösler sich von "Förderern"anhören musste, bis er dort war, wo er heute ist. Denn wer würde es wagen, einen Silberrücken in der eigenen Partei damit anzugreifen, dass er ein Rassist ist, wenn sie die Macht haben, einen nach ganz oben zu bringen? Rösler hat wahrscheinlich viel geschluckt, verdrängt und weitergemacht.

Verdrängungstaktik.

Durch die Adoption von einem deutschen Ehepaar wurde Rösler deutsch erzogen und sozialisiert. Doch sein Äußeres zeigt, dass da noch etwas anderes ist. Eine verlorene Heimat - vielleicht. Während ich noch Kontakt zu meinen Wurzeln durch Familie, Sprache und Essgewohnheiten habe, klafft bei Rösler eine biographische bzw. genealogische Lücke. Und was macht man mit Lücken? Entweder  verdrängt man sie, geht auf Distanz oder gibt sich betont sachlich.

Dieses Schaffen von Distanz würde auch erklären, warum er erst spät und nur auf Drängen seiner Frau mit über dreißig Jahren sein Geburtsland besucht hat. Die Frage der Journos, ob er sich für sein Heimatland nicht interessiere, weil er erst so spät hingereist ist, wäre für mich ein Grund gewesen, das Interview sofort ohne Kommentar abzubrechen. Ich vermute, dass Herr Rösler eher ein angepasster Typ war und ist, gleichzeitig aufgrund seines Äußeren irgendwo immer als fremd wahrgenommen wurde. Um in dieser Umgebung bestehen zu können, musste er weißer werden als die Weißen, um einigermaßen akzeptiert zu sein. Er musste vermutlich rein aus Gründen psychischer Stabilität die eigene Herkunft verdrängen. Dass die Interviewer ihm genau daraus einen Strick drehen wollen, ist bestenfalls gedankenlos, schlimmstenfalls perfide.

Nicht-Betroffene klären Betroffene auf. Toll.

Man kann Herrn Rösler vieles vorwerfen, was politische Sachfragen anbelangt. Aber dass ihm von Nicht-Betroffenen vorgehalten wird, wie souverän oder unsouverän er mit Hass gegen seine Person oder mit seiner Lebensgeschichte umzugehen habe, ist an paternalistischer Denke kaum zu überbieten. Es ist auch sein gutes Recht, private Fragen zu seiner Person abzulehnen oder sich nicht mit seiner Herkunft und mit Rassismus gegen ihn zu beschäftigen. Natürlich ist das nicht ideal, aber wer ist schon perfekt und hundertprozentig mit sich im Reinen? Der kann ja, biblisch gesprochen, den ersten Stein werfen.

Rassismus und Herkunft sind einfach keine Themen, worüber sich reden lässt wie über das Wetter oder das letzte Mittagessen, was Nicht-Betroffene anscheinend nicht nachvollziehen können. Es betrifft den Kern einer Person und löst Wut aus, Machtlosigkeit, Trauer und vieles andere. Und irgendwann vielleicht auch nur noch Achselzucken und Gleichmut.

Es ist auch nicht so, dass Herr Rösler das Thema Vietnam völlig ausblendet, wie ein Interview auf Spiegel Online zeigt. Er hat sich einfach nur dazu entschieden, seine Herkunft nicht an die große Glocke zu hängen - weder vor sich selbst noch vor anderen. Die InterviewerInnen von der TAZ haben versucht, ihn mit Fragen zu seiner Herkunft zu diskreditieren, ihn ins Messer laufen zu lassen. Das halte ich für menschlich extrem schwach.

Das alles ohne Gewähr.

Natürlich weiß ich, dass diese Spekulation meinerseits allenfalls Küchenpsychologie sein kann, die auf meinen eigenen Erfahrungen beruht. Aber mit einem gewissen ähnlichen Hintergrund teilt man ja die eine oder andere Erfahrung. Herr Rösler, Sie sind nicht zu beneiden.

Der alte Affe Angst. Das Bedrohungspotenzial von Unbekannten

"Hallo zusammen, da ich mich nun endgültig damit abgefunden habe, kein Gitarrenspieler zu werden, möchte ich mein gutes Stück wieder loswerden. Ich biete hier also ein komplettes Einsteigerset. (...) Die Gitarre wurde 1 sagenhaftes mal von mir probegespielt. Das Set ist also absolut neuwertig. Da ich relativ putzverliebt bin, sieht die Gitarre auch entsprechend Neu aus.
(...) Erfahrungsberichte könnte ihr euch ja ergoogeln, ich kann damit leider nicht dienen, wie gesagt ich hab seit Januar 1 mal gespielt und danach den Ansporn verloren - geht eben doch nicht so leicht wie gedacht"


Vor einiger Zeit trat ich einer Facebook-Gruppe bei, wo Leute aus München und Umgebung Dinge, die sie nicht mehr benötigen, veräußern können. Die Annonce fiel mir sofort ins Auge - zwar besitze ich eine akustische Gitarre, doch ist sie nicht gerade komfortabel zu spielen: Zwischen Griffbrett und Stahlsaiten passt gefühlt ein kleiner Finger. Ich schrieb den Herrn an und machte spontan gleich einen Besichtigungstermin aus.
 
Doch plötzlich kam der alte Affe Angst. Da saß ich nun, junge Frau in den besten Jahren, und wollte allein abends hinaus nach Trudering fahren, um mir eine Gitarre anzusehen bei einem jungen Mann, den ich nur von einem unscharfen Profilbild auf Facebook kannte. Ich erinnerte mich unwillkürlich daran, wie mich meine Mutter vor derlei Situationen immer gewarnt hatte, wie schnell es passierte, dass man Opfer von Gewalt wurde. Gerade als Frau.

"So mir etwas zustößt: Rächet meinen Tod!"

Ich machte mir Gedanken. Sollte ich den Termin absagen wegen solcher Vorbehalte? Das empfand ich als übertrieben und absurd. Mit dieser Einstellung dürfte ich nicht einmal mehr das Haus verlassen. Sollte ich eine Freundin installieren, die mit mir den Termin wahrnimmt? Unpraktikabel, da alle Freundinnen im Moment verreist waren oder um diese Uhrzeit etwas anderes vorhatten. Ich entschied mich dafür, lediglich meinem älteren Bruder kurz Bescheid zu geben, wo ich abends sein würde, und ansonsten auf das Gute im Menschen zu vertrauen.

Außerdem, so dachte ich mir, wären aus meinem Facebook-Profil und den Daten meines Smartphones zweifelsfrei ersichtlich, wo ich mich zuletzt herumgetrieben und mit wem ich als letztes Kontakt hatte. Sollte mir also etwas zustoßen, wäre es zumindest relativ einfach gewesen, meinen Tod zu rächen die Sachlage zu rekonstruieren.

Freitagabend fuhr ich also hinaus nach Trudering, eine Gitarrentasche und meine Sorgen ordentlich zusammengefaltet im Gepäck. Die Adresse war einfach zu finden, die Wohngegend war ruhig, fast zu ruhig.

Ich klingelte an der Haustür, die Tür wurde über die Türsprechanlage geöffnet. Ich stieg die Treppe hinauf, vielleicht eine Spur zu beschwingt - einem gekonnten Beobachter wäre meine Nervosität sofort ins Auge gefallen. Im zweiten Stock war links von der Treppe eine Wohnungstür geöffnet. Beherzt schritt ich hinein.

"Hallo, ich bin X. Super, dass das gleich geklappt hat! Du wolltest dir die Gitarre ansehen?"

"Ja, deshalb bin ich hier."

Wir gaben uns die Hand, ich schritt X. hinterher in den Wohnungsflur.

"Noch eine Sache..."

"Ja?"

"Kannst du bitte deine Schuhe ausziehen? Ich habe gerade sauber gemacht."

"... klar."

Was das soziale Protokoll verlangt

Die Monstrositäten in meinem Kopf sanken schneller in sich zusammen als meine Fahrradreifen nach einer Spritztour über die glasscherbenverseuchten Radwege Münchens. X. hatte also nicht übertrieben mit seiner "Putzverliebtheit" und schien auch sonst ein ganz anständiger Typ zu sein. Ich war beruhigt und folgte ihm ins Wohnzimmer, wo die Gitarre stand - natürlich frisch geputzt.

Rückblickend auf die ganze Sache finde ich es traurig, dass ich mir überhaupt solche Sorgen gemacht habe. Aber vermutlich ist es das, was unter "Rape Culture" verstanden wird: Es ist nach wie vor gesellschaftlicher Konsens, dass Männer* sich anderer ermächtigen können und dass es die potenziell Schwächeren sind, die sich davor in Acht nehmen müssen. Auch wenn sexuelle Gewalt geächtet ist - schnell wird Opfern die Schuld gegeben, weil sie sich nicht an das soziale Protokoll gehalten haben: "Warum gehst du auch allein zu einem wildfremden Typen nach Hause? Das macht man doch nicht!" Die Gewalttätigkeit der Männer wird zur Norm erhoben, während die Opfer mit ihrem Verhalten angeblich gegen das Protokoll verstoßen, sich also diese Gewalt selbst zuzuschreiben hätten. Dass zuallererst diese Männer für ihr eigenes Verhalten verantwortlich sind scheint nur wenigen aufzufallen. Es ist entsetzlich, dass ich das überhaupt schreiben muss.

Epilog

Sicherlich will die werte LeserInnenschaft erfahren, ob ich die Gitarre nun gekauft habe oder nicht.
Deshalb: Da ist das Ding!


Leider etwas unscharf aufgrund der bescheidenen Lichtverhältnisse in meiner Wohnung, aber doch erkennbar. Für ein Einsteigermodell spielt sie sich sehr schön, es ist eine wahre Freude.



*Machen wir uns nichts vor: Männer sind fast immer die Aggressoren,, wenn es um sexuelle Gewalt geht.

Naekubis Nails - Edition 005

Grundsätzlich gehe ich bei der Frage nach Kleidung, Nagellackfarbe und verwendetem Parfum (sprich: bei der Außenwirkung) nach den Jahreszeiten. Es gibt Sommerfarben, Sommerkleidung, Sommerdüfte. Andere machen ihre Entscheidung von etwas ganz anderem abhängig, etwa von ihrer persönlichen Stimmung.


Diese Maniküre wird wohl die letzte Sommermaniküre sein - damit war ich in Paris. Nach dem Super-Sommer bin ich fast ein wenig wehmütig. Noch weiß ich nicht, welche Farben ich aus den Untiefen meiner Sammlung ziehen werde. Vielleicht bordeauxrot, indigoblau, silber? Oder doch schokobraun?


Diese Woche wird noch schön. Aber dann heißt es: Tschüss, Sommer. Bis zum nächsten Jahr.

My Best Gay Friends - YouTube-Hit aus Vietnam

Derzeit ist vieles in Bewegung, was die Akzeptanz von LGBT angeht. In immer mehr Köpfen wird es ein normaler Gedanke, dass zwei Männer oder zwei Frauen zusammenleben können, dass Menschen zwischen den Geschlechtern unter uns existieren und sie alle nicht bedrohlich sind (Polyamorie, offene Beziehungen und alles dazwischen sind noch nicht so angekommen, aber immer der Reihe nach).

Das gilt auch für Südostasien, insbesondere Vietnam. Dort ist eine Web-Serie zu einem veritablen Hit geworden, in der es genau darum geht: "My Best Gay Friends" ist eine Sitcom über das Leben von jungen Homosexuellen und Trans-Menschen in Vietnam.
In der Serie geht es um den jungen Khoa: An seinem 20. Geburtstag wird er von seinen Eltern rausgeworfen, damit er, wie sie sagen, selbstständig wird. Ohne Geld und ohne Unterstützung landet er in einer WG in Saigon mit Rje und Nhat. Und keine Angst: Es gibt englische Untertitel für jene, die des Vietnamesischen nicht mächtig sind oder bei denen es arg eingerostet ist. *hust*


Mein Urteil nach vier Folgen: Die Serie ist von Stil, Machart und Bildsprache eine typische Webserie, mit allen positiven und negativen Aspekten. Nett gemacht und durchaus sehenswert, auch wenn das komödiantische Timing nicht immer perfekt ist und die Schauspieler manchmal etwas hölzern wirken. Auch die Musik ist ein wenig zu laut und die Lacher aus der Konserve kommen etwas zu häufig. Dennoch schafft sie es, dass ich mit den ProtagonistInnen mitfiebere und wissen will, was weiter passiert.

Positiv fand ich die Darstellung Homosexueller - ich empfand sie nicht als übertrieben stereotyp. Es wird zwar viel gekreischt und es geht häufig um Shopping und Sale. Letzteres mag aber der Schnäppchenmentalität von VietnamesInnen geschuldet sein. Homosexuelle werden in dieser Serie hauptsächlich als gewöhnliche Menschen dargestellt - was vielleicht daran liegt, dass "My Best Gay Friends" auf Erlebnissen von LGBT basiert und viele der DarstellerInnen selbst zur LGBT-Community gehören. Als Nicht-Betroffene kann ich natürlich nicht sagen, wie LGBT-Menschen in Deutschland die Serie finden - Kommentare und Meinungen von LeserInnen wären hier hochwillkommen.

Vietnam könnte sich an die Spitze setzen, was Rechte von Menschen anderer sexueller Orientierung angeht: Auch von Politikern der Kommunistischen Partei Vietnams wird inzwischen laut darüber nachgedacht, die Ehe für Homosexuelle zu öffnen. Es ist also viel in Bewegung.


Danke an icassop für den Tipp!